Ja, Tatsache. In der People-Fotografie fotografiert man Menschen! Enorme Erkenntnis, schon klar. Nur oftmals wird das von den Leuten hinter der Kamera vergessen.
In einem der vorhergehenden Artikel habe ich darüber geschrieben, wie man Modelle findet. Heute geht es darum, wie man mit den Modellen bei einem Shooting umgeht.
Gleich vorne weg, viele Dinge werden den meisten von ohnehin logisch erscheinen. Eine Frage des sozialen Verständnisses eben. Dennoch, das Shooting mit einem Model heißt auch immer, ein Shooting mit einem Menschen und da gibt es eben einige Dinge zu beachten, die sich jeder immer mal wieder ins Gedächtnis rufen sollte.
1. Vorgespräch:
Viele Fotografen aber auch Modelle erwarten ein Vorgespräch. Ich bin da etwas lockerer, halte dieses Vorgehen prinzipiell aber nicht für falsch. Allerdings ist es in der Praxis, bei engem Terminkalender, oft nicht machbar, sich in Persona vorab zu treffen. Dann muss ein Gespräch per Telefon im Zweifelsfall ausreichen.
Das mindeste ist dann aber, sich beim Shooting-Termin kurz die Zeit zu nehmen, sich kennen zu lernen. Sich erst mal zu setzen, eine Tasse Kaffee zu trinken und zu quatschen. Über alles mögliche, Hauptsache man kann sich etwas beschnuppern, das Model kann sich an Dich und Du Dich an das Model gewöhnen. Nimm Dir die Zeit, das Shooting wird hinter wesentlich effektiver und macht mehr Spaß.
Um so wichtiger ist dieses Vorgehen bei Shootings im Bereich Dessous bis Akt. Hier gehört gerade beim Model einiges an Vertrauen dazu, sich vor einem fremden Mann auszuziehen. Dies ist verständlich, um so mehr ist es wichtig, miteinander warm zu werden. Der Spruch nach der Begrüßung: „Na dann zieh dich schon mal aus“ ist nicht nur unhöflich und unpassend sonder auch nicht sehr hilfreich.
Achtung: Dieses Kennenlernen nicht als Zeit für Anmachsprüche sehen. Sowas ist hier vollkommen fehl am Platz und disqualifiziert den Fotografen sofort. Wir reden hier nach wie vor über eine geschäftliche Beziehung!
2. Rede mit Deinem Gegenüber:
Ja, reden! Du hast ein Model und kein Modell vor Dir. Wenn Du Hemmungen hast, mit fremden Menschen zu reden, bist Du vielleicht bei der People-Fotografie am falschen Platz. Es wird erwartet, dass Du dem Model Anweisungen hinsichtlich Posing gibst, vielleicht auch mal ein wenig erklärst, was Du gerade machst, wenn Du zum zehnten Mal das Licht umstellst. Versteh mich nicht falsch, Du sollst kein Vortrag halten. Aber Du bist der Fotograf, es ist Deine Aufgabe das Model anzuleiten.
Aber nicht nur das. So blöd es sich vielleicht anhört. Es ist auch Dein Job, das Model zu unterhalten. Du hast in 99% der Fälle kein Profi-Model vor Dir. Sondern, ebenso wie Du, jemand, der das alles nur zum Spaß macht. Deshalb glaub mir, die Bilder werden tausend mal besser, wenn Ihr beide Spass beim Shooting hattet!! Nur so ergeben sich Situationen in denen man sich gegenseitig pusht und zu immer neuen Ideen und Höchstleistungen antreibt.
Natürlich ist klar, dass ein Anfänger bei den ersten Shootings jede Menge mit der Technik um sich rum beschäftigt ist. Trotzdem, versuch es. Es gehört einfach dazu!
Aber Achtung: Reden heißt nicht überreden!! Versuche nicht, ein Model mit aller Gewalt zu Fotos in einem Bereich zu überreden, wenn Sie dazu keine Lust hat oder es nicht machen möchte. Vielleicht lässt sie sich sogar breit schlagen, Du kannst aber sicher sein, dass das Deinem Ruf nicht förderlich sein wird. Ganz davon abgesehen, dass es dann hinterher, wenn das Model mit etwas Abstand über das Shooting nachdenkt oder mit dem Freund darüber spricht die Kriese bekommen wird. Diskussionen zu Thema der Veröffentlichung sind dann vorprogrammiert. Also, lass es sein!!
3. Don’t touch her – Anfassen verboten!!
Das wohl wichtigste No-Go in der People-Fotografie ist, das Model zu begrabschen. Etwas, was Leuten mit einer gewissen sozialen Kompetenz sowieso klar sein dürfte, aber: Mit Anfassen verboten ist auch das einfach mal Haar zurecht rücken oder mal kurz das Etikett wegstecken gemeint.
Dinge also, die im Eifer des Gefechts nicht bösen gemeint sind, aber vom Model als extrem störend empfunden werden können.
Natürlich ist hier auch die Frage, wie gut man das Model schon kennt und jedes Model ist da mehr oder weniger empfindlich. Schließlich gilt aber auch hier ganz simpel. Rede!!! Frag doch einfach kurz, ob Du das Etikett kurz in die Bluse stecken darfst. Sag Deinem Model, dass sie bitte den Träger etwas zu recht rücken oder die Haarsträhne aus dem Gesicht streichen soll. Oft ergibt es sich dann, dass beide Seiten recht schnell wissen wo die Grenzen sind. Diese sind dann aber auch zu beachten. Frag lieber einmal mehr, als einmal zu wenig!
Es geht hier um Vertrauen und das muss man sich als Fotograf verdienen!
4. Die Begleitperson
Es wird immer viel Gerede um die Begleitperson gemacht. Sprich, darf eine Begleitperson mitgebracht werden und wenn ja, wer darf es sein und wer nicht und so weiter. Ich habe bis jetzt durch weg gute Erfahrungen mit Begleitpersonen gemacht und habe auch kein Problem damit, wenn eine Begleitperson mitkommt.
Ich habe Verständnis dafür, wenn ein Model nicht alleine zu einem fremden Fotografen gehen und sich dort, je nach Shooting, auch noch ausziehen soll. Das einzige, worauf Du, aber auch das Model selbst, achten solltet, ist, wer eine geeignete Begleitperson ist. Oft ist der Freund zwar die am nahe liegendste, meist aber auch schlechteste Lösung. Nicht mal, weil der Freund eifersüchtig werden könnte, sondern weil das Model eher gehemmt sein wird, an statt sicherer durch die Begleitung zu sein.
Aber keine Sorge, in 90% der Fälle bringt das Model ohnehin die Freundin mit und das funktioniert eigentlich immer. Nicht selten gibt es dann noch ein paar Girl-Girl-Aufnahmen oder auch noch ein paar Fotos von der Freundin.
Übrigens, ein bisschen Assistenz, z.B. beim Hintergrundwechsel, darf schon von der Begleitung erwartet werden. 🙂
5. Mach Dir vorher schon ein paar Gedanken!
Es ist hilfreich, sich schon vorher ein paar Gedanken zum Ablauf des Shootings zu machen. Wann machen wir welche Aufnahme. Welcher Hintergrund kommt zu erst, muss vorher noch was eingekauft werden (Accessoires etc.)?
Du stehst dumm da, wenn Ihr eben eine Session mit Wasser und Öl abgeschlossen habt und Dir dann einfällt, dass noch ein wichtiges Beauty-Thema fehlt. Das kann man dann vergessen.
Es gibt Fotografen, die schreiben sich vorher eine richtige Agenda bzw. ein Art Drehbuch. Mir ist das zu unflexibel und zugegebener Maßen auch zu zeitaufwändig. Dennoch, eine grobe Planung muss sein!
6. Sei selbstbewusst – Tu zumindest so!
Glaub mir, die meisten Modelle sind am Anfang vor Deiner Kamera unsicher. Diese Unsicherheit macht sich auf den Bildern bemerkbar. Da bist dann Du als Fotograf gefragt. Es ist Deine Aufgabe die Sicherheit auszustrahlen, die benötigt wird um auch dem Mensch vor Deiner Kamera die nötige Sicherheit zu geben, locker und unbefangen zu agieren.
Da ist ist es wenig hilfreich zu erzählen, dass Du mit dem Bild noch nicht zufrieden bist oder Dir die Pose noch nicht gefallen hat. Das Bild ist während des Shoots eigentlich immer super, und wenn nicht, da mach es beim nächsten „abdrücken“ besser, das muss Dein Gegenüber aber nicht wissen.
Sei Entscheidungsfreudig! Du bestimmst nicht nur das Licht, Dir obliegt es auch zu entscheiden, welche Kleider und Accessoires am besten zur Bildidee passen, die Du als nächstes umsetzen möchtest. Dafür ist es wichtig, vorher schon ein paar Gedanken gemacht zu haben.
7. Schau vorher, dass Du mit Deiner Technik klar kommst!
Logisch? Von wegen! Ich habe schon von einige Modelle gehört, bei denen ein Shooting ins Wasser viel, weil der Fotograf mit lehren Accus für die Kamera ankam. Sowas ist super peinlich, auch wenn es mal passieren kann.
Noch peinlicher aber wird es, wenn sich bei Shooting heraus stellt, dass Du mit Deiner Technik nicht zurecht kommst. Deshalb macht es absolut keinen Sinn, zu einem wichtigen Shooting gleich die neue Kamera mitzuschleifen. Ein Shooting ist kein Test-Feld für neue Spielereien. Das kannst Du machen, wenn Du alleine bist oder Steine fotografierst. Nicht aber, wenn Dein Model von Dir ansprechende Ergebnisse und ein professionelles Auftreten erwartet.
8. Es darf gelacht werden!
Nimm dich nicht so Ernst! Wenn sowohl Du als auch Dein Model Spass habt, ist das ganze Shooting weniger verkrampft und damit wesentlich kreativer als bei einem verkniffenen Shooting. Sei bereit über Dich zu lachen, auch über Deine Fehler ebenso, wie Du zusammen mit Deinem Modelle etwaige Missgeschicke mit Humor nehmen solltet.
Wichtig ist aber, und hier möchte ich mich für Feedback bedanken, nicht den anderen auszulachen, sondern gemeinsam zu lachen. Mit aller Vorsicht natürlich, ohne den anderen dadurch zu verunsichern.
9. Mach auch mal Pause!
Ja, auch ich bin Nichtraucher. Deshalb kann man trotzdem mal Pause machen. Pausen sind eine gute Gelegenheit sich entspannter mit dem Model auszutauschen ob alles o.k. ist und das Shooting Spass macht. Oft kommen im lockeren Gespräch tolle Ideen für das aktuelle oder zukünftige Shootings zustande.
10. Sei Gastfreundlich:
Du musst hier nicht Luxus auffahren. Sei einfach ganz normal gastfreundlich. Das bedeutet, Du hast dafür zu sorgen, dass genug Getränke da sind, auch was zum schlecken oder knabbern und dass die Temperatur im Raum einigermaßen komfortabel ist. Ganz einfach, nicht schwer, aber durchaus wichtig.
Upated: 03.081009 – 13:12
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